Hier einige meiner Texte.
Alle Bilder dazu stammen von Michael Peter Klein.
Eine Rede an die Menschheit
Bemüht euch um ein positives Bild vom anderen. Nehmt wahr, was ist und schaut nicht ständig auf die Schwächen, als hätten sie etwas Anzügliches, von dem ihr euren Blick nicht wenden könnt. Seht die Möglichkeiten und nutzt sie. Auch die, die euch gering erscheinen. Dann bekommt ihr Positives zurück und stärkt das Bewusstsein des Lebens. So schafft ihr ein stabiles Fundament, auf dem ihr stehen könnt, ohne von euren Zweifeln und nörgelnden Gedanken immer wieder hin- und hergerissen zu sein. Nicht nur euer Leben wäre dann leichter, sondern auch das der anderen.
Verpasste Chance
Er steht am Bahnhof und wartet auf seinen Zug, der heute wieder mal Verspätung hat. Da tritt ein junger Mann neben ihn, er sieht ihn aus den Augenwinkeln. Er hat schwarze Haare, einen Dreitagebart und ein arabisches Aussehen. „Hallo“, sagt er, „kommt hier der Zug nach Frankfurt?“ „Ja!“, sagt er. Flüchtig schaut er dem Fremden ins Gesicht. Er mag es nicht, wenn man ihn einfach so anspricht. Das macht ihn unsicher. Er weiß dann nicht, was er als Nächstes tun soll. Einerseits wünscht er sich eine Begegnung mit dem Fremden, der sympathisch aussieht, und andererseits scheut er sich, sich auf so ein Gespräch einzulassen und seine Gedanken und Worte einfach fließen zu lassen. So verpasst er die Chance, Amir kennenzulernen. Der hätte gerne erzählt. Der wünschte sich jemanden, der ihm zuhört, jetzt, da wieder Krieg ist und all die Bilder in ihm wieder farbig werden. Jetzt, wo er nachts wieder von diesem Traum geweckt wird. Er sitzt mit vielen Menschen in Aleppo in einem Keller, und die Wände zittern von den Detonationen. Von der Decke rieselt Sand. Amir hätte sich ein Gespräch gewünscht und vielleicht auch eine freundliche Umarmung, die ihm das Gefühl der Geborgenheit in diesem für ihn oft noch so fremdem Land gegeben hätte. Und er, er hätte sich gewünscht, seine Scheu zu überwinden und aus sich herauszugehen und mit dem freundlichen Fremden ein wenig zu plaudern. Doch er hat Angst und schaut angestrengt auf das Gleis in die Richtung, aus der der Zug kommen wird. So bleibt die Begegnung aus, die das Leben den beiden schenken wollte. Zurück bleiben zwei Männer, die auf ein Gleis schauen und jeder frustriert auf einen Zug wartet, der sie voneinander wegbringen wird.
Kontaktanzeige der Frustration
Ich will die Enttäuschung deines Lebens sein. Ich biete dir eine Auswahl interessanter, verlorengegangener und geplatzter Träume, Ideen und Visionen. Ich suche dich, wenn du Lust hast, mir wieder Leben einzuhauchen. Ich bin nicht verbittert und nicht energielos. Ich warte darauf, dass mich jemand zum Leuchten bringt. Du suchst ein Feuerwerk? Zünde mich an.
Wut
Jeder hat seine Gründe, oder? So zu sein, so zu denken, so zu handeln. Das zu verstehen, darin bin ich gut. Besser, als mich selbst zu verstehen. Ich habe, seit ich Kind bin, gelernt, dass das wichtigste Prinzip des Christseins lautet: Du sollst die anderen und ihre Gründe verstehen. Sie haben ein Recht auf ihre Meinung, auch dann, wenn sie gegen mich gerichtet ist.
Wenn es zum Konflikt kommt, frage ich mich: War das meine Schuld? War ich zu deutlich? Hätte ich mehr auf die anderen eingehen sollen? Hätte ich das verhindern können?
Anzunehmen, dass es nicht meine Schuld war, dass mein Standpunkt der richtige ist und die anderen im Unrecht sind, fällt mir schwer. Es gibt keinen Platz für mich in meiner Welt.
Mein Kopf sagt mir, dass das so nicht stimmt. Dass auch ich das Recht auf meine Meinung habe, dass ich für sie eintreten darf, dass ich mich ernst nehmen darf. Mein Kopf sagt mir, dass der andere nicht das Recht hat, sich beleidigt zu verziehen, nur weil ich mal meine Meinung deutlich ausgesprochen habe. Doch mein Herz sagt etwas anderes. Gehe ihm nach, verzichte auf deine Wahrheit, relativiere dich. Alles andere scheint zu gefährlich zu sein für irgendeinen Anteil in mir, der einfach nicht kämpfen will, weil er nicht darf.
Und das macht mich wütend. Wieso dürfen alle anderen, was ich nicht darf? Wieso darf jeder Trottel seine Meinung äußern und andere verletzen, nur ich muss immer der Brave sein? Wieso sollen die Klügeren den Dummen immer die Bühne überlassen? Was wollen die Zuschauer eigentlich sehen?
Ein Gefühl steigt in mir auf, eine Wut auf mich, weil ich so feige bin und eine Wut auf die, die mich dazu gemacht haben. Die mir als Kind meinen Standpunkt verweigert haben. Eine Wut auf den, der mir weismachen will, dass ich ganz bestimmt falsch liege und er richtig. Eine Wut auf die Unsensiblen und die, die unfähig sind, sich selbst zu reflektieren.
Ein Gefühl steigt in mir auf und ich spüre, dass es mich stark machen will. Es tut mir gut, wütend zu sein, denn ich spüre Energie, die mir bisher gefehlt hat. Unter meinen Füßen ist auf einmal fester Boden, ein klarer Standpunkt. Ich sehe die Dinge nicht mehr grau in grau, sondern schwarz-weiß. Ich weiß plötzlich, was ich will und wer ich bin. Diese Klarheit tut mir gut. Sie fühlt sich richtig an – ich fühle mich richtig an.
Ich will, dass meine Wut mich an die Hand nimmt und mich führt. Sie ist für mich, nicht gegen mich. Ich denke an ein Fußballspiel. Die Mannschaften laufen ein. Ein Spieler lässt sich von einem Kind auf den Platz führen. Das Kind bin ich, der Spieler ist meine Wut. Ich schaue zu ihm auf, er schaut mich freundlich an. Er wird mit mir spielen, mir zeigen, wie es geht. Er ist für mich, nicht gegen mich. Während ich aufschaue und meine Wut mich freundlich, aber bestimmt anschaut, fühle ich, wie ich stark werde. Ich bin nicht alleine auf dem Feld. Ein Pfiff, ein Ball, das Spiel hat begonnen.
Ich habe gehört, dass es die Hoffnung auf Veränderung in meinem Leben gibt, dass es eventuell okay ist, dass ich bin, wie ich bin und dass es mir wieder gelingen kann, zur Ruhe zu kommen. Ich habe gehört, dass Machtmenschen nicht veränderbar sind, aber das ist nicht weiter schlimm. Gott kann sie von meinem Platz vertreiben, auf dem sie es sich gemütlich gemacht haben. Ich habe gehört, dass es Freiraum gibt und Freiheit im Überfluss. Ich habe gehört, dass Freude wieder im Sortiment ist und zwar so viel, dass jeder, der will, hamstern kann. Es reicht für alle. Ich gehe jetzt shoppen.
In der Zukunft wird der Krieg zu Ende gehen, aber nicht nur das. Die Menschen werden sich in den Armen liegen und sich wieder versöhnen. Die Menschen Russlands werden sehen, was Putin getan hat, und sie werden von dem Leid der Ukrainer berührt werden und ergriffen um Vergebung bitten. Sie werden Putin einfach an seinem Tisch sitzen lassen und ihm den Rücken kehren. Sie werden sich in ihre Autos setzen und in die Ukraine fahren. Sie werden helfen, die Städte wieder aufzubauen. Russische und ukrainische Kinder werden zusammen im Sand spielen, während ihre Eltern gemeinsam Essen für das große Versöhnungsfest kochen. Die Welt wird diese Bilder sehen, und überall im Westen werden die Menschen inspiriert, Gräben zu überwinden. Donald Trump wird seine Liebe zu bolivianischen Waisenkindern entdecken. Mit fünf von ihnen macht er eine Segeltour zu den Bahamas, um ihnen das Schnorcheln beizubringen. In Deutschland liegen sich Querdenker und Geimpfte in den Armen und feiern die neue Nähe. Die ganze Welt befindet sich im Aufbruch, und jede Nation hat Lust, das zu tun, was für alle das Beste ist. Die großen Konzerne geben ihre Patente frei, und die Aktionäre verzichten auf ihre Dividenden. Die wirklich Reichen können sich nichts Schöneres vorstellen, das die Hälfte ihres Vermögens der Wissenschaft zu spenden, und gemeinsam entwickeln sie Strategien, um das Klima zu retten und alle Menschen mit genügend Nahrung zu versorgen.
Ich selbst sitze in meinem Garten und genieße die Sonne, die die feuchte Erde wärmt. Ich sehe, wie die Erdbeeren blühen und der Salat wächst. Ich genieße den Frieden in der Welt und auch in mir. Die Aufbruchsstimmung gibt den Menschen Energie und Leidenschaft. Es wird nicht mehr gearbeitet, sondern gefeiert, nicht mehr gesät, sondern geerntet. Jeder hat den Platz gefunden, an dem er glücklich ist. Ich sehe, wie Jesus durch die Welt geht und hier und da stehen bleibt, sich dazusetzt und ein Bier mittrinkt, den guten Kuchen lobt oder hilft, die Sandburg zu bauen.Er redet wenig. Er ist da. Er strahlt. Er hört zu, und er genießt. Endlich ist die Schöpfung beendet. Das Böse hat sich ins Weltall verzogen, beleidigt darüber, dass niemand mehr mit ihm spricht und keiner Lust auf Macht, Lüge hat.
kleine Utopie
Die Sonne strahlt vom blauen Himmel. Schwalben zwitschern über den Köpfen, und der Wind bewegt die Zweige des blühenden Apfelbaums, unter dem ich sitze.
Wäre Columbus nicht aufgebrochen, um Indien zu entdecken, hätte er nicht Amerika gefunden, und wir würden immer noch glauben, dass wir am Ende des Meeres herunterfallen.